
Statt wie geplant nach acht Tagen konnten Suni Williams und Barry Wilmore erst nach neun Monaten von der Weltraumstation ISS zurück geholt werden. Sicher sind beide Astronauten glücklich und auch ein wenig erleichtert, auf der Erde zurück zu sein. Doch ist die Raumfahrt noch so jung, dass
eine solche Planabweichung massenhaft neue Daten und Erkenntnisse liefert. Nicht nur haben die Beiden die unerwartete Zeit auf der ISS für Forschung und rund 150 wissenschaftliche Experimente gut genutzt, auch sie selbst sind durch ihren langen Aufenthalt im All zum Forschungsobjekt geworden. Die lange Zeit dort hat viele Auswirkungen, auf den menschlichen Körper. Vor allem die Schwerelosigkeit zehrt sehr an der Muskel- und Knochendichte. Obwohl die Astronauten während ihres Aufenthalts auf der ISS jeden Tag zweieinhalb Stunden trainieren, verringern sich die Knochendichte und die Muskelmasse.
Auch das Herz, das ja ebenfalls ein Muskel ist, verliert an Masse und Kraft, da es wegen der fehlenden Erdanziehung im All weniger stark pumpen muss. Ein weiteres Problem ist der fehlende Input für das Gehirn. Raumstationen sind verhältnismäßig klein, was dazu führt, dass die Raumfahrer immer wieder nur die gleichen Wände und Gerätschaften sehen. Betritt man die ISS erstmals ist das sicher alles interessant und spannend, aber nach Wochen und Monaten beginnt auch das Gehirn scheinbar überflüssig gewordene Gehirnzellen zurück zu bauen.
„Wenn man immer die gleichen Dinge sieht, hört und schmeckt, kommt es zu einer sensorischen Deprivation, und das Gehirn beginnt sich umzubauen“, erklärt die Astronautin und Weltraummedizinerin der ESA, Carmen Possnig. Dadurch lassen Sehkraft, Geschmacks- und Geruchssinn nach. Auch der Teil des Hippocampus, der für die Orientierung und Gedächtnisbildung zuständig ist, schrumpft. „Andere Areale wachsen an, zum Beispiel die Amygdala, die für Emotionen und Emotionsregulierung verantwortlich ist.“
Das meiste davon lässt sich während der Rekonvaleszenz wieder aufbauen und ausgleichen. Noch keine Lösung gibt es bisher für die Zellschäden, die von der kosmischen Strahlung verursacht werden. Im All ist die Strahlenbelastung rund 300 mal höher, als auf der Erde und damit steigt auch das Krebsrisiko. Aus medizinischer Sicht ist die Vorbeugung und Heilung von Strahlenschäden vermutlich die größte, für die Raumfahrt zu lösende Aufgabe.